Von RA Oswald, Wunstorf: In der Regel wird es in Bauprozessen notwendig sein, ein Privatgutachten vor Eingehung eines Prozesses in Auftrag zu geben. Mit Hilfe eines Gutachtens wird es dem Anwalt üblicherweise erst möglich sein dem Gericht eine richtige Darstellung der baufachlichen bzw. bautechnischen Situation und Problematik zu liefern und auf diese Weise den Sach- und Schadensstand ausreichend dem Gericht nahezubringen, zumal nichtimmer davon ausgegangen werden kann, dass das Gericht die eigene notwendige Sachkunde besitzt. Mängel in der schriftsätzlichen Darstellung im Gerichtsverfahren, die durch die unterlassene Einholung eines Gutachtens bedingt sein können, bergen die Gefahr in sich, dass das Gericht den Parteivortrag für unschlüssig erachtet und das gerichtliche Verfahren deshalb nicht in die Beweisaufnahme übergeht. Ein ordentlich erstelltes Gutachten wird das Gericht quasi zwingen sich intensiver mit der Sach- und Rechtslage auseinander zu setzen und das Verfahren nicht „voreilig“ durch abweisendes Urteil zu beenden. Auch der nur beratende Rechtsanwalt wird vielfach schon für ein Beratungsgespräch ein Gutachten benötigen, damit er in die Lage versetzt wird, die oft schwierige Sachlage richtig zu erfassen und darauf basierend seinem Mandanten einen Rat zu erteilen und letztendlich die Erfolgsaussichten und Risiken eines Gerichtsverfahrens einschätzen zu können. Im Rahmen der Kostenerstattung eines gewonnen Prozesses stellt sich für den Rechtssuchenden die Frage, inwieweit auch die Kosten eines zuvor eingeholten außergerichtlichen Gutachtens von der Gegenseite zu erstatten sind. In der Regel sehen die Gerichte die Kosten des Privatgutachtens als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung an und können daher gegen den Gegner festgesetzt werden. Soweit „Baugeschädigte“ beabsichtigen sofort ein Gerichtsgutachten einzuholen, so stellt sich die Frage, ob zunächst nur ein selbständiges Beweisverfahren (früher sog. Beweissicherungsverfahren) gem. der §§ 485 ff. ZPO eingeleitet werden soll oder gleich die Einleitung eines regulären Klageverfahrens oder das erstere Verfahren dem Klageverfahren vorschaltet werden soll. Sinn und Zweck des selbständigen Beweisverfahrens ist es, eine gerichtliche Beweissicherung zu erreichen und in einem sich ggf. anschließenden Klageverfahren – wenn nicht schon in der Zwischenzeit die Verfahrensbeteiligten wegen des deutlichen Ausganges des selbständigen Beweisverfahrens eine interessengerechte Regelung herbeigeführt haben – auf diese gerichtliche Beweissicherung (quasi vorweggenommene Beweisaufnahme des Klageverfahrens) zu berufen. Vorteil ist, dass durch diese Verfahrenswahl die mögliche Verjährung von Gewährleistungsansprüchen des Bestellers aufgehalten werden kann (Verjährungsunterbrechung). Ein weiter Vorteil ist darin zu sehen, dass zunächst nur geringe Gerichtskosten anfallen. Der Vorteil einer schnellen kurzfristigen Beweissicherung durch dieses Verfahren, wird nicht selten jedoch an der äußerst nachlässigen Terminierung der Gerichte scheitern können. Ein Nachteil ist darin zu sehen, dass am Ende eines solchen Verfahrens weder ein Urteil oder noch sonst eine gerichtliche Entscheidung ausgesprochen wird, welche die Ansprüche abschließend regelt. Es ergeht auch keine Entscheidung die Verfahrenskosten; ein sich anschließendes Klageverfahren wird daher sehr wahrscheinlich sein. Ein sofort eingeleitetes Klageverfahren kann daher unter Umständen schneller zu der angestrebten Entscheidung des Gerichts führen. |